Umweltschutz in Brasilien – Was wird getan?
Brasilien ist etwa 24 mal so groß wie Deutschland und bedeckt fast die Hälfte des südamerikanischen Kontinentes. Das Land ist Sitz des größten Regenwaldes der Welt, des Amazonas. Seine artenreiche Natur- und Tierwelt ist ein Highlight auf jeder Brasilien Reise. Die „grüne Lunge der Erde“ ist ein wichtiger CO2-Speicher und somit äußerst relevant im Kampf gegen den Klimawandel. Mittlerweile gilt das aber immer weniger. Studien zeigen, dass Teile des Amazonasbeckens mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre abgeben, als sie aufnehmen. Grund dafür sind die großflächigen Abholzungen und Brandrodungen, die in der Region stattfinden. Die aktuelle Regierung unter Jair Bolsonaro fördert dieses Vorgehen, indem sie wirtschaftliche Interessen vor den Schutz der Umwelt stellt. Zuletzt legalisierte der Präsident rund 300.000 illegal besetze Gebiete, die für kommerzielle Landwirtschaft und Holzgewinnung genutzt werden. Die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens und die Waldvernichtung sind für 70 Prozent der Emissionen des Landes verantwortlich.
Nichtsdestotrotz galt Brasilien lange als Vorreiter im Klimaschutz. Angefangen mit der wegweisenden UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung, die 1992 in Rio de Janeiro abgehalten wurde. Einige positive Initiativen, die das Land zum Schutz der Umwelt unternimmt, möchten wir Ihnen in diesem Artikel vorstellen.
Stromerzeugung
Der fünftgrößte Staat der Welt ist ein Vorbild in Sachen Stromerzeugung. 85 Prozent kommen aus erneuerbaren Ressourcen, ein globaler Spitzenwert. Während in Brasilien im Jahr 2019 nur 11 Prozent des Stromes über fossile Energieträger erzeugt wurden, waren es in Deutschland etwa 40 Prozent. Größter Energieträger ist dabei die Wasserkraft. Seit 1991 ist das riesige Wasserkraftwerk Itaipú nahe der Iguaçu-Wasserfälle in Benutzung und deckt 25 Prozent des brasilianischen Strombedarfes. Aber die natürlichen Bedingungen begünstigen ebenso eine Stromerzeugung durch Windkraft und Solarenergie. In den vergangenen zehn Jahren gehörte Brasilien zu den drei weltweit führenden Staaten bei Investitionen in Windenergie. In diesem Sinne kann die Energiebilanz des Landes als sauber bezeichnet werden. Die erneuerbaren Energien konnten den Wachstumskurs auch während der Corona-Pandemie halten.
Brasiliens Abfallkonzept
Schon im Jahr 2010 hat Brasilien ein Gesetz zum Umbau der Abfallentsorgung auf den Weg gebracht. Ziel ist die Einführung einer nationalen Abfallpolitik. Alle illegalen Müllhalden sollten geschlossen werden. Doch 2.500 dieser Deponien existieren auch heute noch und stoßen schädliche Gase aus. Um das Wachstum dieser Müllberge zu stoppen und eine klimafreundliche Abfallwirtschaft aufzubauen, werden mittlerweile an Brasiliens Hochschulen Studiengänge in Abfallwirtschaft angeboten. Musterbeispiel ist das Vorgehen bei der größten offenen Müllkippe Lateinamerikas nahe der brasilianischen Hauptstadt Brasília. Die Deponie wurde Anfang 2018 geschlossen und durch eine moderne Sortieranlage ersetzt. Ehemalige Müllsammler wurden in der Anlage ausgebildet und erhalten nun auf diese Weise ein stetiges Einkommen und eine soziale Absicherung. Zusammen mit Ingenieuren und Studenten werden die Abläufe des Betriebes optimiert, um so möglichst viel Recyclingmaterial aus dem Müll herausfiltern zu können. Das Projekt soll ein Modell für andere brasilianische Städte sein. Brasilien möchte so seine Recyclingquote verbessern.
„Fridays for Future“ – Brasiliens Jugend für den Klimaschutz
Die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ hat in Brasilien in den letzten Jahren immens an Zuspruch gewonnen. „Fridays for Future“ hat vor allem in den wohlhabenden Staaten der Welt einen großen Zulauf zu verzeichnen. In Lateinamerika ist die Bewegung noch nicht so aktiv wie beispielsweise in Europa. Grund dafür sind soziale Fragen, wie der Zugang zu Bildung und Gesundheit sowie die Sicherheitslage, die für die Menschen von Vorrang sind. Die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit haben es bisher noch nicht in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit geschafft. Doch das ändert sich momentan. Gerade die brasilianische Jugend möchte an den Prozessen rund um die Klimapolitik stärker beteiligt werden und fordert ein Mitspracherecht ein, wenn es um ihre Zukunft geht. Die Bewegung schrieb vor kurzem einen offenen Brief an US-Präsident Biden, in welchem sie Bolsonaros Umweltpolitik anprangert. Der Brief schaffte es in die brasilianischen Medien und wurde international zitiert.
Indigener Umweltschutz
Studien zeigen, dass indigene Gemeinschaften ihre Lebensräume außergewöhnlich gut erhalten und eine weitaus größere Artenvielfalt in Territorien, die von indigenen Völkern verwaltet werden, existiert. Das liegt vor allem an der nachhaltigen Lebensweise der Indigenen und ihrem Anspruch, im Einklang mit der Natur zu leben. Mit zahlreichen Projekten versuchen sie, ihre traditionellen Lebensräume zu wahren. Zu nennen wäre etwa „Kaapora“. Zusammen mit Nichtregierungsorganisationen stellen indigene Gemeinschaften den Wald im Amazonas wieder her. Diesen Ansatz verfolgt unter anderem die Gruppe der Kaingang im Süden Brasiliens, die mit der heimischen Baumart der Araukarien ihr Land aufforstet. Das Volk der Ashaninka im Bundesstaat Acre hat seine eigenen Kooperativen ins Leben gerufen. Mit dem traditionellen Anbau von Lebensmitteln versorgen sie mehrere Gemeinschaften und geben ihr Wissen über nachhaltige Landwirtschaft an nicht-indigene Dörfer weiter. Sie hoffen, auf diese Weise den Respekt für die Natur an die Außenwelt herantragen zu können. Und auch immer mehr indigene Influencer machen sich in den sozialen Medien für den Kampf gegen den Klimawandel stark.
Die vielen innovativen Projekte und Ideen sowie das starke Engagement der Zivilgesellschaft zeigen auf, dass der Schutz der Umwelt in Brasilien durchaus ernst genommen wird und eine Priorität für die Bevölkerung darstellt. Überzeugen Sie sich selbst während eines Brasilien Urlaubs von der wunderschönen und schützenswerten Natur des Landes!
Quellen: www.dw.com, www.gtai.de, www.wwf.de