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Guarani und Ticuna – Die größten indigenen Völker in Brasilien

30.05.2022
Indigene im Amzonas in Brasilien

Heutzutage leben in Brasilien etwa 900.000 Indigene, die einem von 305 verschiedenen indigenen Völkern angehören. Sie machen somit nur 0,4 Prozent der Bevölkerung Brasiliens aus, so dass Sie während Ihres Brasilien Urlaubes wahrscheinlich nicht viele Begegnungen mit Indigenen haben werden. 690 Gebiete wurden bisher von der brasilianischen Regierung als indigene Territorien anerkannt. Ein Großteil dieser Gebiete liegt im Amazonas. Während manche indigene Völker mehrere tausend Angehörige zählen, wie Guarani und Ticuna, bestehen andere nur noch aus wenigen Personen. Dem Volk der Akuntsu gehören beispielsweise nur noch vier Personen an.

Es ist auf den ersten Blick schwierig festzustellen, welche Gruppen von Personen explizit als indigene Völker bezeichnet werden können. Laut der Definition der UNO-Arbeitsgruppe zu den indigenen Bevölkerungsgruppen können vier Hauptkriterien ausgemacht werden:

  • 1. Historische Kontinuität: Indigene Gemeinden fühlen eine besondere Verbundenheit zu einem bestimmten Territorium auf Grund ihrer Vorfahren, der Ureinwohner eines Landes, die in diesem Gebiet gelebt haben.
  • 2. Marginalität: Durch eine Geschichte der Eroberung und Kolonialisierung existieren indigene Gruppen am Rand der Gesellschaft innerhalb des Staates, in welchem sie leben.
  • 3. Kulturelle Distanzierung: Indigene Gruppen betrachten sich selbst nicht als Teil der Mehrheitsgesellschaft und ihrer dominanten Kultur.
  • 4. Selbstidentifikation als Volk: Das Bewusstsein, Teil einer Gemeinschaft mit eigenen Traditionen, Bräuchen und soziokulturellen Organisationsformen zu sein.

Guarani – Das größte indigene Volk in Brasilien

Die Guarani bilden das größte indigene Volk in ganz Brasilien. Auf Grund ihrer relativ starken Teilnahme am gesellschaftlichen Leben weiß man vergleichsweise viel über die Guarani. Insgesamt zählen die Guarani 280.000 Angehörige. 85.000 von ihnen leben in Brasilien, vorrangig in den südlichen Bundesstaaten Mato Grosso do Sul, Rio Grande do Sul und Santa Catarina. Weitere Gemeinden der Guarani lassen sich außerdem in Argentinien, Bolivien und Paraguay finden.

Die Guarani können noch einmal in drei Untergruppen eingeteilt werden: Kaiowá, Ñandeva und M’byá. Die Gruppen unterscheiden sich durch die Art und Weise, wie sie ihre Kultur und Religionsausübung praktizieren sowie bezüglich der Organisation des sozialen Miteinanders.

Die Sprache Guarani wird dem Sprachzweig des Tupi-Guarani zugeordnet, von welchem insgesamt 21 Sprachen entstammen. Die Guarani-Sprache ist sogar als zweite offizielle Sprache Paraguays anerkannt und wird dort von über 80 Prozent der Bevölkerung gesprochen, somit nicht nur von ethnischen Guarani.

Die Guarani sind sehr spirituell. Jede Gemeinde hat ein Gebetshaus und einen religiösen Anführer. Das Land ist für sie Ursprung allen Lebens. Musik spielt eine wichtige Rolle im Leben der Guarani. Mit ihren Gesängen wollen sie den Göttern bewusst machen, dass sie auf der Erde existieren. Doch die Guarani verwenden Musik auch als Instrument, um Naturereignisse zu beeinflussen, etwa das Fallen von mehr oder weniger Regen.

Ursprünglich lebten die Guarani vom Anbau von Süßkartoffeln, Bohnen und Maniok sowie von dem Sammeln von Beeren, der Jagd und dem Fischfang. Durch den Verlust von beinahe ihrem gesamten Land in den vergangenen 100 Jahren, sind die Guarani heute in bestimmten Schutzgebieten sesshaft. Ein Großteil ihres ehemaligen Landes sind heute Viehweiden, Soja- und Zuckerrohrplantagen.

Ticuna – Das größte indigene Volk im Amazonas

Das größte indigene Volk im Amazonas Brasiliens sind die Ticuna, auch Tikuna oder Tukuna, mit circa 40.000 Angehörigen. Neben dem Amazonas sind angrenzende Gebiete in Peru und Kolumbien, die Region der „Tres Fronteras“, ihr Zuhause. Ticunas sind bekannt für ihre Maskenkunst und zeremoniellen Gewänder, die sie aus Federn herstellen. Das indigene Volk besitzt seine eigene Sprache, das Ticuna, welches in über 100 Dörfern und neun Kommunen gesprochen wird. Die Sprache weist keine Ähnlichkeit mit anderen indigenen Sprachen auf.

Die Ticuna glauben, dass sie ursprünglich aus einem Fluss entstammen und von dem Gott Yo'i aus den roten Wassern des Eware-Stroms gefangen wurden. Das wichtigste Ritual ist das „Ritual da Moça Nova“, welches gefeiert wird, wenn die Mädchen zum ersten Mal ihre Menstruation bekommen. Das Fest findet immer bei Vollmond statt, da dieser die Schönheit, Weisheit und Güte der Mädchen darstellt. Das Ritual markiert den Wechsel von der Kindheit zu der Pubertät.

Das indigene Volk ist in zwei Gruppen beziehungsweise Klassen organisiert. Eine trägt den Namen eines Vogels und die andere den Namen einer Pflanze. Es ist den Ticuna nicht erlaubt, ein Mitglied der anderen Klasse zu heiraten.

Während manche indigene Völker sehr zurückgezogen in Brasilien leben und den Kontakt mit anderen größtenteils meiden, gibt es ebenso indigene Gruppen, die geführte Touren durch ihre Gemeinschaft anbieten. Sie wollen auf diese Weise über ihre Kultur informieren. Eine gute Möglichkeit für Sie, während Ihrer nächsten Brasilien Reise mehr über das indigene Leben in Brasilien zu erfahren!

Quellen: pib.socioambiental.org, www.humanrights.ch, www.survivalinternational.de

Quelle: Aventura do Brasil