Die Rhythmen Brasiliens: Afoxé und Ijexá
Karneval in Brasilien gehört zu den größten Volksfesten der Welt und ist ein ganz besonderes Erlebnis während einer Brasilien Reise. Vor allem in den Karnevalshochburgen Rio de Janeiro, Olinda oder Salvador herrscht in den Tagen Ausnahmezustand. Sitzenbleiben und nur zuschauen ist unmöglich, da beim Karneval in Salvador da Bahia die Trommeln und der Klang des Afoxé für einen mitreißenden Kontrast zu den elektrisierenden Klängen der Karnevalswagen sorgen. Zu den bekanntesten Vertretern des Afoxé gehören die Filhos de Ghandy. Aber auch in Ceará, Pernambuco, Rio de Janeiro oder São Paulo sind Afoxé Gruppen zu finden.
Ijexá
Das Genre Ijexá hat seinen Ursprung in den Rhythmen, die den Orixás, den Göttern in den Ritualen des Candomblé, gewidmet sind. Im Candomblé gehört Ijexá zu den Alaketu-Rhythmen, also zu denjenigen, die mit Trommelstöcken gespielt werden. Der Name bezieht sich auf Ilesha, eine Stadt in Nigeria.
Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Anhänger der afrobrasilianischen Religion mit Straßenumzügen mit Liedern im Rhythmus des Ijexá, begleitet von den Instrumenten Atabaque, Agogô, Afoxé und Xequerê. Diese Gruppen wurden als Afoxé bezeichnet. Mit der Zeit wurde der Rhythmus von der kommerziellen, populären Musik übernommen. Im Jahr 1930 veröffentlichte der bahianische Sänger und Komponist Josué de Barros „Babaô Miloquê“, welches als erste Aufnahme des Ijexá gilt. Ab den 1970er Jahren verbreitete sich das Genre in der populären Musikszene Brasiliens als gesungener Stil, der langsamer ist als in den Gottesdiensten und Straßenparaden üblich. Weitere Beispiele für Lieder des Ijexá sind „Afoché“ von Dorival Caymmi, „Filhos de Gandhi“ von Gilberto Gil, „Beleza Pura“ von Caetano Veloso, „Ijexá“ von Edil Pacheco und „É D'Oxum“ von Vevé Calazans und Gerônimo.
Afoxé
Das Wort Afoxé ist yorubaischen Ursprungs und könnte mit „die Sprache, die es geschehen lässt“ übersetzt werden. Afoxé ist ein Symbol der afrikanischen Kultur, die eng mit Religion und Musik verbunden ist. Afoxé ist vor allem charakteristisch für Bahia, aber auch in anderen brasilianischen Bundesstaaten vertreten, darunter Pernambuco, Maranhão, Rio de Janeiro und São Paulo.
Die portugiesische Sprache und einige afrikanische Sprachen, wie zum Beispiel Nagô, werden in den Liedern des Afoxé vermischt. Sehr wichtig sind die Rhythmen, die vor allem durch Perkussionsinstrumente wie Atabaques und Agogôs geprägt sind. Drei Instrumente sind für den Rhythmus unerlässlich:
• Afoxé, auch Agbê genannt. Es ist ein Kürbis, der mit einem Netz aus Perlen oder Samen bedeckt ist. Durch das Schütteln des Netzes, das am Kürbis reibt, wird der Kürbis zum Klingen gebracht.
• Atabaques. Es werden drei verschiedene Fasstrommeln in drei verschiedenen Größen verwendet.
• Agogô. Besteht aus zwei Metallglocken mit unterschiedlichen Klängen und gibt den anderen Instrumenten den Rhythmus vor.
Der Afoxé ist weit davon entfernt nur ein Synonym für den Karnevalsblock zu sein. Er ist eine Erscheinungsform, die tief mit den religiösen Manifestationen des Candomblé verbunden ist. Die Melodien, die in den Prozessionen der Afoxés intoniert werden, sind praktisch die gleichen Lieder wie in den afrobrasilianischen Zeremonien. Daher wird der Afoxé oft auch als „Straßen-Candomblé“ bezeichnet. Heute sieht man den Afoxé aber vor allem zur Karnevalszeit, in Regionen Brasiliens, die den Karneval intensiver feiern.
Filhos de Ghandhy – Bekannte Vertreter des Afoxé
Im Jahr 1949 galten Hafenarbeiter noch als privilegiert, da die wirtschaftlichen Bedingungen zu der Zeit günstig waren und diese von der Hafenarbeitergewerkschaft selbst beaufsichtigt wurden. Doch im Laufe des Jahres griff die brasilianische Bundesregierung mit der Politik der Lohnkürzungen, die durch die Nachkriegskrise hervorgerufen wurden, in das Wirken der Gewerkschaften ein, darunter auch die Hafenarbeitergewerkschaft. Dies führte zu einem Einkommensrückgang der Gewerkschaftsmitglieder.
Daraufhin schlug Durval Marques da Silva, auch bekannt als Vavá Madeira, vor, einen Cordão, einen Karnevalsblock zu gründen. Es war am 18. Februar 1949, als Vavá zusammen mit seinen Kollegen den Bloco Filhos de Gandhy gründete. 1951 begann der Bloco auch Arbeiter aus anderen Bereichen aufzunehmen. Heute repräsentiert er den größten und schönsten Afoxé des Karnevals in Salvador da Bahia, der Menschen aus ganz Brasilien und dem Ausland anzieht. Der Bloco besteht ausschließlich aus Männern und zu den bekanntesten Vertretern gehören Gilberto Gil, Gerônimo, Xanddy Harmonia, Carlinhos Brown und Tonho Matéria. Die Filhos de Gandhy begannen in den ersten Jahren mit dem Singen von Karnevalsliedern, bis sie sich vor allem dem Ijexá widmeten und auch eigene Lieder komponierten. Der Afoxé ist eine der vielen kulturellen Entwicklungen der traditionellen afrobrasilianischen Religionen in Brasilien.
Der Name des Blocos wurde von Vavá Madeira vorgeschlagen, inspiriert durch das Leben des indischen Pazifistenführers Mohandas Karamchand Gandhi, wobei jedoch der Buchstabe „i“ durch „y“ ersetzt wurde, um mögliche Repressalien für die Verwendung des Namens einer bekannten Persönlichkeit zu vermeiden. Der Bloco wurde auf den Namen „Filhos de Gandhy“ getauft, was auf Deutsch „Söhne von Gandhy“ bedeutet.
Das Kostüm symbolisiert die indianischen Gewänder und besteht aus einem weißen Laken mit einem Gemälde auf der Vorderseite. Um das Kostüm zu ergänzen, folgen ein Turban, ein Paar Sandalen, Socken und eine Schärpe. Die Halsketten in den Farben Blau und Weiß werden zu Ehren der Orixás Oxalá und Ogum getragen.
Neben dem Karneval nehmen die Filhos de Gandhy auch an religiösen Festen teil. Dazu gehören Lavagem da Igreja do Bonfim, Dia de Iemanjá, Xangô, Oxum, Santa Bárbara und Iansã, São Cosme und Damião. Der Kultur-, Freizeit- und Karnevalsverein Filhos de Gandhy engagiert sich auch im sozialen Bereich und verteilt zum Beispiel Mahlzeiten an Bedürftige.
Vielleicht haben Sie in Ihrem nächsten Brasilien Urlaub auch die Chance, sich in den Karnevalstrubel von Salvador da Bahia zu stürzen. So lernen Sie nicht nur die Sehenswürdigkeiten Salvadors kennen, sondern entspannen auch an wunderschönen Stränden, probieren die köstlichen Spezialitäten Bahias und können am größten Volksfest Brasiliens teilnehmen.
Quellen: www.bibliotecaderitmos.com.br, www.salvadordabahia.com, www.sonsdobrasil.art.br, www.wikipedia.org