Wir sind für Sie da: 05151-9119090
    x
x

Das politische System Brasiliens – Gewaltenteilung, Wahlen und Parteien

14.03.2022
Brasilia ist das politische Zentrum Brasiliens

Die meisten Brasilien Reisenden kommen wahrscheinlich nur wenig mit dem politischen Geschehen im Land in Kontakt. Doch politische Entscheidungen beeinflussen direkt das Leben der Menschen vor Ort. Ein wenig Basiswissen über das politische System in Brasilien kann also dazu beitragen, das Land im Allgemeinen besser zu verstehen.

In der Verfassung von 1988 lassen sich die Grundzüge des heutigen politischen Systemes der Föderativen Republik Brasilien finden. Der Amtsantritt des Präsidenten Fernando Collor de Mello im Jahr 1990 markierte den Übergang von der Militärdiktatur (1964-1985) zu einer Demokratie. Zuvor war Brasilien für die längste Zeit, seit seiner Unabhängigkeit von Portugal im Jahr 1822, eine Monarchie.

Brasilien gliedert sich in 26 Bundesländer sowie den Distrito Federal do Brasil, den Bundesdistrikt Brasília. Die Bundesländer besitzen eigene Verfassungen und Gesetze, die den Grundsätzen der Bundesverfassung entsprechen müssen. Darüber hinaus sind die Bundesländer in weitere Gemeinden aufgeteilt.

Die drei Gewalten des Landes – Legislative, Exekutive und Judikative

Die Exekutive wird vom Präsidenten und seinen Staatsministern ausgeübt. Brasilien hat ein präsidentielles Regierungssystem, sprich der Präsident ist gleichzeitig Staatsoberhaupt und Regierungschef. Er wird für vier Jahre direkt vom Volk gewählt und kann einmal wiedergewählt werden.

Auf Bundesebene ist der Nationalkongress die gesetzgebende Gewalt. Es handelt sich um ein Zweikammerparlament, bestehend aus Abgeordnetenkammer und Senat. Jeder Staat wird von drei Senatoren vertreten, die Einwohnerzahl spielt dabei keine Rolle. Wähler des eher dünn besiedelten und schwächer entwickelten Nordostens werden dadurch im Vergleich zu den industrialisierten Ballungsregionen des Südostens, wie beispielsweise São Paulo, begünstigt. Senatoren sind in der Regel ehemalige Gouverneure, Bürgermeister von Großstädten oder Staatspräsidenten, also Personen mit politischer Erfahrung.

Das höchste Gericht des Landes ist der Supremo Tribunal Federal. Als Verfassungsgericht überprüft er die Gesetze und Richtlinien des Bundes, der Bundesstaaten und der Gemeinden. Des Weiteren trifft das Gericht Entscheidungen bei Konflikten zwischen der Bundesregierung und den Bundesstaaten sowie bei Uneinigkeit zwischen zwei oder mehr Bundesstaaten.

Alle wichtigen Institutionen der legislativen, exekutiven und judikativen Gewalt befinden sich in Brasília an der Praça dos Três Poderes, dem „Platz der drei Gewalten“. Auf dem Platz befindet sich der „Palast des Präsidenten“, genannt Palácio do Panalto, daneben der Palácio Nereu Ramos, der den Nationalkongress Brasiliens beherbergt, sowie das Gebäude des Obersten Gerichtshofes. Brasília wurde im Jahr 1960 eingeweiht und löste damit Rio de Janeiro als neue Hauptstadt ab.

Wahlen – Wer darf wählen?

Für alle brasilianischen Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 70 Jahren herrscht eine Wahlpflicht. Für sie gilt die Eintragung in das Wahlregister und der Gang zur Wahl am entsprechenden Tag. Weiterhin verfügen alle Personen, die zwischen 16 und 18 Jahre oder über 70 Jahre alt sind, über ein Recht zur Wahl. Das bedeutet, sie können wählen gehen, müssen jedoch nicht. Analfabeten sind ebenfalls befreit von der Wahlpflicht. Wehrpflichtige und Ausländer dürfen nicht an Wahlen teilnehmen.

Während die Bundesabgeordneten, genauso wie der Präsident, nur für vier Jahre gewählt werden, sind es bei den Senatoren acht Jahre Amtszeit. Sowohl die Abgeordneten als auch die Senatoren können jedoch mehrmals wiedergewählt werden.

Das brasilianische Parteiensystem

Die Verfassung von 1988 sowie das Parteiengesetz von 1995 regeln die wesentlichen parteipolitischen Aktivitäten. So erlaubt der Artikel 17 der Verfassung die Gründung von politischen Parteien, wenn diese nationalen Charakters sind, den Gesetzen und der Wahljustiz entsprechen und nicht durch Gelder ausländischer Regierungen finanziert werden. Außerdem muss eine Partei für ihre Zulassung nachweisen können, dass sie in mindestens einem Drittel der Bundesstaaten die Unterstützung von Wählern erhält. Aktuell sind 33 Parteien zu Wahlen zugelassen. In der Abgeordnetenkammer sind derzeit 24 Parteien vertreten, im Senat sind es 21.

Das Parteiensystem, so wie es in Brasilien existiert, lässt sich nur bedingt mit der Organisation deutscher Parteien vergleichen. Die meisten Parteien besitzen kein eindeutiges politisches Profil. Das Parteiensystem ist außerdem stark zersplittert. Parteiwechsel sind eine gängige Praxis, wenn Politiker bei einer anderen Partei bessere Aufstiegsmöglichkeiten sehen. Kleinere Parteien werden größtenteils durch starke Persönlichkeiten getragen. Die Einordnung in ein ideologisches Links-Rechts-Schema ist somit schwierig. Die Parteien können dementsprechend nicht wirklich als liberal, konservativ, sozial und so weiter identifiziert werden.

Spätestens wenn die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2022 in Brasilien stattfinden, schadet es nicht, ein paar Grundkenntnisse über das politische System zu besitzen. Nicht nur für Politikinteressierte lohnt sich während eines Brasilien Urlaubes ein Abstecher in die Hauptstadt des Landes. Brasília ist auch für seine einzigartige futuristische Architektur bekannt, die man gesehen haben sollte!

Quellen: www.bpb.de, www.iai.spk-berlin.de, www.quetzal-leipzig.de

Quelle: Aventura do Brasil