Besonderheiten der Architektur in Brasilien
Geschichte der brasilianischen Architektur
Nutzen Sie doch Ihre Brasilien Reise für einen Streifzug durch die vielseitige Architekturlandschaft des Landes. Auf die brasilianische Architektur haben im Laufe der Geschichte viele Faktoren Einfluss genommen. Neben den Ureinwohnern brachten auch die europäischen Einwanderer ihre Vorstellungen ein und setzten europäische Baustile in Brasilien um. Geschulte Arbeitskräfte und spezielle Materialien fehlten und mussten ersetzt werden, wodurch die brasilianische Architektur ihre besondere Note erhielt.
In den neu entstehenden Küstenstädten nahmen sich die Siedler Bautrends aus ihrer alten Heimat Europa zum Vorbild, welche von den Expeditionstrupps in das ganze Land getragen wurden. Tief im Landesinneren blieb jedoch eine ursprünglichere Bauweise bestehen.
Ab 1530 entwickelte sich die städtische Architektur und wichtige Städte wie Salvador da Bahia wurden gegründet. Dazu gehörte die Errichtung von Palästen, Kirchen, öffentlichen Gebäuden und Wohnhäusern. Die Metropole São Paulo spiegelt die rasante Entwicklung der brasilianischen Architektur heute am besten wider. Eine Ausnahmestellung nimmt die Hauptstadt Brasilia ein, die im 20. Jahrhundert aus dem Nichts erschaffen wurde.
Hier unsere Übersicht über die Anfänge und die Entfaltung der Architektur in Brasilien.
Siedlungen der Indigenen
Die brasilianischen Indigenen erschufen ihre beeindruckenden Siedlungen ohne die Hilfe von moderner Technologie. Baumaterialien wie Holz, Pflanzen und Fasern lieferte die Natur, weshalb sie von Region zu Region variierten. In der Regel wurden indigene Dörfer in einem Kreis gebaut und die einzelnen Wohnhütten gruppieren sich um einen zentralen Platz mit Feuerstelle zur Zubereitung der Mahlzeiten. Die Hütten selbst bestehen aus heimischen Hölzern, welche durch Fasern, Blätter und Lianen verschlossen und miteinander verbunden wurden. Normalerweise stehen die Hütten direkt auf der Erde, in überschwemmungsgefährdeten Gebieten auf Pfählen. Die indigene Architektur ist funktionell. Zweck der Bauten ist der Schutz vor Regen, Sturm und wilden Tieren.
Kolonialarchitektur
In den Jahren der portugiesischen Kolonisierung bis zur Unabhängigkeit von 1530 bis 1830 entstand in Brasilien die sogenannte Kolonialarchitektur. Gebaut wurde nach europäischem Vorbild mit heimischen Materialien und durch die Hand von Sklaven. Zunächst erwuchsen Gebäude aus Flechtwerk und gepresstem Erdreich, ehe sich Stein und Lehmziegel als Baumaterialien durchsetzten, womit größere Bauwerke einhergingen. Mit der Ankunft der Jesuiten in Brasilien wurden mehr und mehr religiöse Bauten als Mittelpunkt der Siedlungen errichtet. Wohnhäuser waren nach portugiesischer Schule streng entlang der parallelen Straßen angeordnet und einfach sowie recht uniform gehalten. Die Ornamente der Paläste und Kirchen fielen dagegen exquisit und detailliert aus. Stuckfassaden, Pseudo-Säulen und Balkone mit schmiedeeiserner Verzierung waren an der Tagesordnung. Großgrundbesitzer schmückten ihre Herrenhäuser gar mit Veranden. Ein schönes Beispiel von Kolonialarchitektur in Brasilien ist die Kirche Santa Rita in Paraty.
Barockarchitektur
Viele Kolonialgebäude in Brasilien sind im Barockstil gebaut, besonders die ersten Sakralbauten aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Im brasilianischen Nordosten basieren zahlreiche Fassaden aus dem 17. Jahrhundert auf Barockarchitektur. Die Hochzeit des brasilianischen Barock ereignete sich im 18. Jahrhundert im Bundesstaat Minas Gerais. Die reichen Familien in den Goldgräberstädten investierten Teile ihres Vermögens in die Perfektionierung der Architektur. Die Künstler der Region nutzten Holz, Seifenstein und Gold, um ihre Ornamente und Statuen zu schaffen und kreierten farbenprächtige Gemälde. Zeugnis dieser goldenen Epoche legen die Kirchen São Francisco in Ouro Preto und São João Del Rei ab.
Neoklassizistische Architektur
Ab 1820 bis Ende des 19. Jahrhunderts dominierte der Neoklassizismus die brasilianische Architektur. Er war eine Reaktion auf überbordende Verzierungen des Barock und besticht durch eine simplere und elegante Gestaltung mit Bezug auf griechische und römische Kultur. Die Gebäude entstanden nach einfachen und symmetrischen Grundrissen. Es gab hohe Souterrains, Stützen, Simse und Giebel. Fenster und Türen waren verglast. Dezente Farben und edle Materialien wie Marmor und Ölgemälde gehören in diese Epoche der brasilianischen Architektur. Bedeutsame Bauten des Neoklassizismus in Brasilien sind das Teatro da Paz in Belém und das Teatro Santa Isabel in Recife.
Eklektizistische Architektur
Der Neoklassizismus wollte größtmögliche Eleganz in die brasilianische Architektur bringen und importierte Materialien und geschulte Arbeitskräfte aus Europa. Zwischen dem 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts tauchte eine neue Stilrichtung am Horizont auf, die ebenfalls internationalen Vorbildern folgte. Der Eklektizismus war eine Mischung vorangegangener Stile, wobei moderne Errungenschaften des Ingenieurwesens zum Tragen kamen, darunter Schmiedeeisen. Eine Unterart ist die „Schöne Kunst“, die ihren Schwerpunkt auf Dekoration und Symmetrie legt. Funktioneller ist die Ingenieurwissenschaft, welche sich vor allem um Struktur und Wirtschaftlichkeit sorgt. Das Teatro Amazonas in Manaus und der Bahnhof Estação da Luz in São Paulo sind zwei von vielen bedeutenden Bauwerken des Eklektizismus in Brasilien.
Architektur der Moderne und das Phänomen Oscar Niemeyer
Mit der Industriellen Revolution und den technologischen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts entstand eine moderne Architektur, die sich insbesondere auf Stahlbeton stützt. Zwischen 1930 und 1950 erlebte sie ihren Höhepunkt in Brasilien. Der gesellschaftliche Aufbruch hin zu einer aufgeklärten Gesellschaft schlug sich auch in der brasilianischen Architektur nieder. Der Staat nahm dabei eine wichtige Funktion ein, indem er zahlreiche neue Bauwerke in Auftrag gab, welche den Fortschritt verkörpern sollten. Großen Einfluss hatten zunächst europäische Architekten wie Walter Gropius und Le Corbusier, bis Brasilien schließlich seine eigene Garde moderner Architekten aufbieten konnte, darunter der weltberühmte Oscar Niemeyer.
In den 1960er und 70er Jahren war die moderne Architektur Werkzeug der regierenden Politiker, um der Erneuerung und Stärke des Landes ein Gesicht zu verleihen. So entstand die neue Hauptstadt Brasilia mit ihren wunderschönen modernen Gebäuden, für die Oscar Niemeyer verantwortlich zeichnet. Am Reißbrett geplant und aus dem Urwaldboden gestampft. Geometrische Gebäudeformen ohne Ornamente bilden die Grundlage der modernen brasilianischen Architektur. Die Fassaden zeigen eine deutliche Trennung zwischen Struktur und Dichtung. Säulen aus Stahlbeton, Glaswände und die künstlerische Gestaltung von Wänden, Möbeln und Gärten kennzeichnen diesen Baustil. Für Oscar Niemeyer ist die Schönheit eine der wichtigsten Funktionen der Architektur und lässt sich am besten in Kurven ausdrücken. Bekannte Beispiele sind das Apartmenthaus Copan in São Paulo und der Regierungspalast Palácio da Alvorada sowie das Haus des Obersten Gerichtshofs Edifício do Supremo Tribunal Federal, beide in Brasilia.
Zeitgenössische Architektur
Die freie Gestaltungsform der zeitgenössischen Architektur hielt ab 1980 Einzug in Brasilien. Für diese Architekturrichtung gibt es keine einheitlichen Einflüsse, wie etwa von vergangenen Stilen. Vielmehr verfolgt jeder Künstler ein eigenes Konzept und interpretiert die Vergangenheit nach eigenen Vorstellungen neu. Gemeinsam ist zeitgenössischen Architekten in Brasilien die Motivation, Komfort mit rationellem Design zu vereinbaren. Im Vordergrund der Entwürfe stehen visuelle Reize, Funktionalität und Nachhaltigkeit. Das zeigt sich in Panoramafenstern und großen offenen Räumen. Verwendet werden natürliche, organische Baumaterialien. Bekanntester Vertreter in Brasilien ist Ruy Ohtake, der unter anderem das Hotel Unique und das Instituto Tomie Ohtake in São Paulo schuf.
Ob Sie Architekturliebhaber oder interessierter Kulturreisender sind ist egal. Wir sind sicher, dass Sie im Brasilien Urlaub viel geboten bekommen und ihn genießen werden.
Quelle: www.vivadecora.com.br